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Der Film "Der Club der toten Dichter" im Pädagogik-Unterricht - Kapitel 2

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Der Film "Der Club der toten Dichter" im Pädagogik-Unterricht
Kapitel 2
Kapitel 3.1-3.3
Kapitel 3.3-3.5
Kapitel 4.1-4.2
Kapitel 4.3-4.4
Kapitel 5-6
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‘Der Club der toten Dichter’ – Medien und Inhalte (2)

 

„‘O Captain, mein Captain!’ Wer weiß, von wem das ist? ... Wer weiß es? ... Keine Ahnung? ... Es ist aus einem Gedicht von Walt Whitman über Mr. Abraham Lincoln. Also, Sie sprechen mich entweder mit Mr. Keating an – oder, wenn Sie etwas mutiger sind, sagen Sie ‚O Captain, mein Captain!’“

John Keating  (zu seinen Schülern in der ersten Unterrichtsstunde)

In den folgenden Abschnitten wird zunächst eine kurze inhaltliche Zusammenfassung des Films ‚Der Club der toten Dichter’ geliefert, gefolgt von weiteren Hintergrundinformationen zum Film und den diesbezüglichen Medien bzw. Materialien (Bücher zum Film). Abschließend erfolgt die Präsentation der Ergebnisse einer eingehenden Literaturrecherche bezüglich des Films. Diese Sekundärliteratur wird in Kurzform inhaltlich analysiert und systematisiert.

 

Inhaltliche Zusammenfassung des Films (2.1)

Der Film spielt im Jahr 1959. Handlungsschauplatz ist die Welton-Akademie, ein erzkonservatives Jungeninternat in den Bergen vom Vermont nahe der Ostküste der Vereinigten Staaten (vgl. Abb. 1). Als Vorbereitungsschule für Elite-Universitäten und mit einer einhundertjährigen Tradition lauten die Grundprinzipien dieser Institution: Tradition, Ehre, Disziplin und Leistung. Dieselben werden von den Schülern heimlich jedoch in Travestie, Ekel, Dekadenz und Lethargie übersetzt. Mit Beginn des neuen Schuljahres treten zwei - in dieser Institution neue - Charaktere auf: Lehrer John Keating (im Film gespielt von Robin Williams; vgl. Abb. 2) übernimmt als ehemaliger Absolvent der Welton-Akademie und Lehrer für Englisch an der Londoner Chester-Schule den Englischunterricht. Der neue Schüler Todd Anderson (im Film gespielt von Ethan Hawke; vgl. Abb. 3) soll an der Welton-Akademie in die Fußstapfen seines Bruders Jeffrey Anderson treten, einem überragenden Absolventen der Welton-Akademie und Jahrgangsbesten. Der Schulalltag der Schüler ist gekennzeichnet durch Faktenlernen, klassischen Frontalunterricht und wenig Freizeit (vgl. Abb. 4).

Abb. 1: Die Welton-Akademie
   

Abb. 2: Die Lehrer John Keating (rechts)
und McAllister (links) beim Mittagessen

Abb. 3: Ethan Hawke als Todd Anderson,
ein schüchterner Neuling in Welton

Abb. 4: Schulalltag in Welton
   

Abb. 5: Robert Sean Leonard als Neil
Perry

Abb. 6: Charlie Dalton, Knox Overstreet
und Steven Meeks (von links)

Abb. 7: Richard Cameron – ein „Opportu-
nist“?

Abb. 8: Keating (Robin Williams) - eher
„Performer“ als Lehrer?

Für die Schüler steht das Erlangen guter Beurteilungen im Vordergrund, um die hohen Erwartungen, die ihre Eltern in sie gesetzt haben, zu erfüllen. Rückhalt bietet den Schülern dabei nur die gegenseitige Hilfe unter den Schülern. Der schüchterne Todd Anderson wird zu Beginn sehr schnell durch seinen Zimmerkameraden Neil Perry (im Film gespielt von Robert Sean Leonard; vgl. Abb. 5) in eine derartige Lern- und Freundesgruppe integriert. Diese besteht aus recht unterschiedlichen Charakteren: Neben Neil, der unter seinem strengen Vater leidet, und Todd gehören zu dieser Gruppe die Schüler Charles Dalton (Charlie), Knox Overstreet, Steven Meeks (vgl. Abb. 6) und James Cameron (vgl. Abb. 7).

Schon bald wird klar, inwieweit sich der Lehrer Keating von seinen traditionsbewußten Kollegen unterscheidet: Er läßt sich von mutigen Schülern als „O Captain, mein Captain!“ ansprechen, rezitiert Gedichte als Kunst (vgl. Abb. 8), animiert die Schüler dazu, ein extrem wissenschaftliches Beurteilungskapitel zur Lyrik, nach dem sich der Wert von Gedichten mittels eines Koordinatensystems vermessen läßt, aus ihren Büchern herauszureißen (vgl. Abb. 9), ermutigt sie zu selbständigem Denken und hält ihnen in der Eingangshalle vor den Bildern ehemaliger Absolventen Vorträge über seine Lebens­einstellung: „Carpe diem! Nutze den Tag! Macht etwas außergewöhnliches aus Eurem Leben!“. Um den Schülern die Vorteile des Perspektivenwechsels zu verdeutlichen, läßt er sie einzeln auf das Pult des Lehrers steigen und somit den Klassenraum in einem anderen Blickwinkel betrachten (vgl. Abb. 10). Neil verinnerlicht diese Prinzipien stark und bringt in Erfahrung, daß Keating zu seiner Schulzeit Mitglied im ‚Club der toten Dichter’ war, einem Geheimbund, dessen Mitglieder sich in nächtlichen Sitzungen in einer Höhle fremde oder selbst geschriebene Gedichte vorlasen. Sie verstanden sich als Romantiker mit dem Ziel, „das Mark des Lebens in sich aufzusaugen“. Von Keating dazu ermuntert ruft Neil mit seinen Freunden den Club erneut ins Leben. Sie treffen sich in abenteuerlichen „Nacht- und Nebelsituationen“ in der besagten Höhle, zitieren Gedichte und geben sich Ausschweifungen wie Zigaretten und Alkohol hin (vgl. Abb. 11, 12). Keating scheint indessen in seinem Unterricht mit Hilfe seiner unkonventionellen Methoden, die vereinzelt schon an Manipulation und Psychoterror grenzen, das Unmögliche zu vollbringen: Es gelingt ihm, Todd von seiner Schüchternheit und emotionalen Hemmung zu befreien (vgl. Abb. 13). Die Bewunderung der Schüler (aber nicht aller!) für ihren Lehrer steigert sich immer mehr (vgl. Abb. 14).

Abb. 9: Neil reißt auf Keatings Anweisung
hin das einleitende Kapitel aus dem Buch 

 Abb. 10: Keating verdeutlicht das Einneh-
men einer anderen Perspektive

Abb. 11: Die Jungen bei Nacht auf dem
Weg zur Höhle der ‚toten Dichter’

Abb. 12: Poesie, Romantik und Tabak-
genuß beim Clubtreffen in der Höhle

Abb. 13: Keating erlöst Todd im Unterricht
von Ängsten und Selbstzweifeln

Abb. 14: Neil ist fasziniert von
Keatings Unterricht

Abb. 15: Keating wird von seinen Schü-
lern auf Händen getragen

Abb. 16: Charlie als Nuwanda mit aufge-
maltem Blitz als Fruchtbarkeitssymbol

Der Höhepunkt dieser Entwicklung kommt in einer Szene zum Ausdruck, in der die Schüler Keating - bei untergehender Sonne und mit Beethovens Musik zu „Freude schöner Götterfunken“ untermalt - auf Händen über den Sportplatz tragen (vgl. Abb. 15 sowie Titelbild).

Doch die Ereignisse steuern immer mehr auf eine fatale Wende hin: Neil entdeckt seine Liebe zum Theater und will gegen den Willen seines Vaters die Hauptrolle in einer Aufführung von Shakespeares Sommernachtstraum spielen. Knox verzehrt sich vor Liebe zu dem Mädchen Chris, die bereits mit dem eher rüpelhaften Chet Danburry verlobt ist. Es gelingt ihm erst zum Ende des Films hin, Chris für sich zu gewinnen. Charlie benennt sich bei einem Clubtreffen in „Nuwanda“ um (vgl. Abb. 16) und veröffentlicht im Namen des ‚Clubs der toten Dichter’ in der Schülerzeitung ‚Welton Honors’ einen Artikel, in dem gefordert wird, in Welton auch Mädchen aufzunehmen. Als Rektor Nolan (vgl. Abb. 17) die Schüler in der Kapelle zusammenruft und versucht, den für den Artikel Verantwortlichen zu finden, gibt sich Charlie als Verfasser mittels einer provokativen Inszenierung zu erkennen (vgl. Abb. 18) und wird von Nolan in dessen Büro gezüchtigt (vgl. Abb. 19).

Für Neil entwickelt sich jedoch seine Liebe zum Theater zum katastrophalen Dilemma: Als sein Vater (vgl. Abb. 20) erfährt, daß Neil für die Aufführung von Shakespeares Sommernachtstraum probt, untersagt er ihm in strengster Weise, an der Aufführung teilzunehmen. Als Neil trotz dieses Verbots an der Premierevorstellung teilnimmt (vgl. Abb. 21), holt ihn sein Vater nach Hause und kündigt an, ihn auf eine Militärakademie zu schicken. In seiner Verzweiflung begeht Neil Selbstmord (vgl. Abb. 22). Die Schulleitung reagiert auf Neils Selbstmord mit einer Untersuchung. Für Neils Tod wird letztendlich Keating verantwortlich gemacht. Die Mitglieder des nun bekannten ‚Clubs der toten Dichter’ werden genötigt, ein Keating belastendes Dokument zu unterschreiben. Charlie wird der Schule verwiesen, da er seine Unterschrift verweigert. Nachdem bereits Cameron die Namen der anderen Clubmitglieder verraten hat und Meeks sowie Knox diese Anklageschrift unterzeichnet haben, wird auch Todd von seinen Eltern zur Unterschrift gezwungen.

Abb. 17: Rektor Nolan auf der Suche
nach den Schuldigen in der Kapelle

Abb. 18: Charlies „Anruf von Gott“
für Rektor Nolan

Abb. 19: Rektor Nolans Antwort an Charlie:
Züchtigung mit dem Holzbrett

Abb. 20: Mr. Perry verbietet Neil die
Mitarbeit am Schuljahrbuch

Abb. 21: Neil als ‚Puck’ in Shakespeares Sommernachtstraum

Abb. 22: Neil begeht mit dem Revolver
seines Vaters Selbstmord

Abb. 23: Todd Abschiedsovation für
seinen „Captain“

Abb. 24: Die Hälfte der Schüler folgt
Todds Beispiel

In der Schlußszene betritt der von der Schulleitung entlassene Keating noch einmal das Klassenzimmer, um seine persönlichen Sachen zu holen. Rektor Nolan selbst hat den Unterricht in Englisch übernommen und lobt gerade das von Keating verhaßte Beurteilungskapitel zur Lyrik. Die Schüler sitzen ratlos und verlegen an ihren Tischen. Kurz bevor Keating den Raum verläßt, nimmt Todd all seinen Mut zusammen, steht auf und ruft Keating nach, man habe ihn zur Unterschrift gezwungen. Nach heftigen Einschüchterungsversuchen durch Rektor Nolan steht Todd auf, steigt auf sein Pult und ruft Keating an mit „O Captain, mein Captain!“ (vgl. Abb. 23). Trotz der Verwarnungen durch Rektor Nolan folgt fast die Hälfte der Klasse Todds Beispiel (vgl. Abb. 24). Der Film endet damit, daß sich Keating bei „seinen“ Jungen für diesen Vertrauensbeweis bedankt.

Kurze Filmanalyse (2.2)

Bevor im folgenden der Versuch einer kurzen Filmanalyse - oder eher „Filmbetrachtung“ - unternommen wird, sollen zunächst einige allgemeine Bemerkungen zu den Medien bezüglich des ‚Clubs der toten Dichter’ dieser Analyse vorangestellt werden: Der Film wird in dieser Hausarbeit aus folgendem Grund in seiner deutschen Synchronfassung für den Einsatz im UFP-Unterricht empfohlen: In der englischen Originalversion sind viele humorvolle Szenen für den deutschsprachigen Schüler schwerer zu verstehen als in der deutschen Synchronfassung des Films. Dies mag zum einen darauf zurückzuführen sein, daß man ohne englische Muttersprache ungenügend sensibilisiert ist für Nuancen im Sprachgebrauch, beispielsweise in den humorvollen bzw. satirischen Dialogen. Betrachtet man jedoch die Rolle des von Robin Williams gespielten Lehrers John Keating, läßt sich ein weiterer Faktor erahnen: Die gestisch und mimisch hervorragende Leistung von Robin Williams scheint durch die Sprechweise seines deutschen Synchronsprechers stark verfeinert zu werden, so daß einige Pointen erst richtig zur Wirkung kommen. Aus diesen Gründen sollte im UFP-Unterricht die deutsche Filmversion gezeigt werden, was nicht bedeutet, daß beispielsweise im Englischunterricht die Originalversion fehl am Platze wäre. Bei der Behandlung des Films mit Hilfe des Buches zum Film (Kleinbaum 1991) sollte Berücksichtigung finden, daß die Dialoge des Films nicht wortgetreu wiedergegeben werden, wodurch zum Teil die künstlerische Inszenierung des Themas in Mitleidenschaft gezogen werden kann. Dies reicht von kleineren Verfälschungen wie dem Problem, Vokabeln ins Deutsche zu übersetzen („zahnschwitzender Verrückter“ im Film (vgl. 3.3) wird beispielsweise zu „Verrückter mit einem Kuchenzahn“), bis zu größeren inhaltlichen Abweichungen. Zum Beispiel wird erst im Buch deutlich, welchen Ursprung der Name ‚Club der toten Dichter’ besitzt. Keating erläutert dies im Buch zum Film wie folgt: „Der Name erinnerte nur daran, daß man erst Mitglied der Organisation werden konnte, wenn man tot war. [...] Die Lebenden waren nur Kandidaten. [...] Man mußte ein ganzes Leben lang Kandidat sein, bevor man die Vollmitgliedschaft erlangen konnte. Ja, leider bin ich auch erst ein ganz kleiner Kandidat!“ (Kleinbaum 1991, S. 48f). Zudem wurden im Buch zum Film die Gedichtauszüge des Films stark erweitert und im Wortlaut der Originalübersetzung angegeben. Der Unterschied zwischen der englischen Version des Buches zum Film und der deutschen Version desselben fällt dagegen kaum ins Gewicht. Im folgenden soll der Versuch unternommen werden, den Film einer formalen Analyse zu unterziehen, wobei an dieser Stelle aufgrund der Komplexität einer Filmanalyse und dem begrenzten Rahmen dieser Hausarbeit nur Ansatzpunkte aufgezeigt werden können.

Schreckenberg arbeitet in seiner medienpädagogischen Betrachtung des Films ‚Der Club der toten Dichter’ drei filmische Subtexte heraus, die „eine wichtige dramaturgische Funktion erfüllen: Sie akzentuieren und verstärken in der Tiefenstruktur auf nonverbale, sinnliche Art und Weise das filmische Geschehen an der Oberfläche des ‚Textes’“ (Schreckenberg 1997, S. 106). Versteht man einen Film als ein „nach bestimmten Regeln und Codes strukturiertes Zeichensystem“ (ebd., S. 100), liegen besagte Subtexte unterhalb dieser bewußt wahrnehmbaren Ebene: Mit „Subtexten sind diejenigen Ebenen eines offenen Textes gemeint, die der Zuschauer in der Regel nicht bewußt wahrnimmt, die aber dennoch seine Rezeption steuern“ (ebd., S. 101). Filmische Subtexte werden dabei geplant und intentional vom Regisseur eingesetzt und „entfalten ihre Bedeutung über Lichtführung, Position der Kamera, räumliche Perspektive, Farbgebung, Geräusche, Musik etc.“ (ebd.). Sie unterstützen beispielsweise im ‚Club der toten Dichter’ die Mehrdimensionalität, Plastizität und Sinnlichkeit des Films (vgl. ebd.). Eine Filmbetrachtung, in deren Zentrum die filmischen Subtexte stehen, läßt sich mit einfachen Mitteln (Videorecorder mit Standbildfunktion) und ohne eingehendere Vorkenntnisse, die man beispielsweise für eine wissenschaftliche Filmanalyse benötigt, durchführen, wodurch sie gerade für den Einsatz in der Schule von besonderem Interesse ist.

Bezüglich des Films ‚Der Club der toten Dichter’ erweist sich die exemplarische Betrachtung der drei Subtexte ‚Licht‘, ‚Natur‘ und ‚Raum‘ als besonders lohnenswert (vgl. ebd., S. 102 - 106):

Den Effekt des Subtextes ‚Raum‘ zeigt eine genaue Betrachtung der im Film eingebundenen Räumlichkeiten, Orte und Szenerien. Der Film spielt vorrangig in den Räumlichkeiten der Welton-Akademie, die durch enge Flure, Gänge und kleine Zimmer gekennzeichnet sind.

„Diese räumliche Enge passt zur hierarchischen und autoritären Struktur der Welton Academy, die im wahrsten Sinne des Wortes kaum jemandem Raum zur Entfaltung lässt“ (ebd., S. 105).

Ebenso wird die vertikale Wahrnehmungsachse vom Regisseur eingesetzt, um die dramaturgischen Effekte von Szenen zu verstärken, beispielsweise in den Szenen, in denen die Schüler auf ihre Pulte steigen.

Ein ähnlicher Unterstützungseffekt bezüglich des dramaturgischen Handlungsverlaufs läßt sich anhand der Subtexte ‚Licht‘ und ‚Natur‘ aufzeigen, wobei bezüglich beider Subtexte Änderungen im Verlauf des Films einsetzen. Als dramaturgischer Höhepunkt bzw. Wendepunkt läßt sich der Abend der Theaterpremiere identifizieren. In der folgenden Nacht begeht Neil aus Verzweiflung Selbstmord, wodurch die bis zu diesem Punkt eher harmonische Atmosphäre radikal in eine düstere und bedrohliche umschlägt. Bei der Betrachtung des Subtextes ‚Licht‘ läßt sich feststellen: Bis zu diesem Abend „herrscht warmes Licht vor, das die Strenge des Internatslebens mildert: Es ist ein Licht, das von Tischlampen und Stehlampen verbreitet wird“ (vgl. ebd., S. 102). Auch die Lichtverhältnisse in den Klassenzimmern sind nicht allein durch die künstliche Deckenbeleuchtung bestimmt, sondern werden durch das herbstliche Tageslicht ergänzt (vgl. Abb. 25). Bezüglich des Subtextes ‚Natur‘ dominieren bis zum Abend der Theaterpremiere die glühenden Farben des Herbstes (vgl. ebd., S. 104 sowie Abb. 26).

Der Wendepunkt im dramaturgischen Handlungsverlauf wird durch einen Wechsel bezüglich beider Subtexte stimmungsmäßig unterstützt: Am Abend der Theaterpremiere beginnt es zum ersten Mal zu schneien (Subtext ‚Natur‘), und am Morgen nach Neils Selbstmord bedeckt eine hohe Schneedecke das Land und verstärkt die düstere Atmosphäre (vgl. Abb. 27).

Abb. 25: Keatings erster Auftritt in der
Klasse (warme Farbtöne)

Abb. 26: Welton zu Filmbeginn im
Spätherbst

Abb. 27: Wintereinbruch am Morgen
nach Neils Tod

Abb. 28: Lichtverhältnisse im Klassen-
zimmer nach Neils Tod

Abb. 29: Keating an Neils Pult und
gramerfüllt wegen dessen Tod

Abb. 30: Neil trägt kurz vor seinem Selbst-
mord ein letztes Mal die Krone des ‚Puck’

Auch die Lichtverhältnisse in den Räumlichkeiten wurden geändert: Die Deckenbeleuchtung wurde nicht mehr eingesetzt, so daß das kalte bläuliche Winterlicht die Stimmung dominiert (vgl. Abb. 28), beispielsweise in der Szene, in der Keating im Klassenzimmer aufgrund von Neils Tod trauert (vgl. Abb. 29) bzw. in der Szene kurz vor Neils Selbstmord (vgl. Abb. 30).

Diese düstere Atmosphäre wird erst in der auftrumpfenden Schlußszene wieder durchbrochen, in der die wieder eingeschaltete Deckenbeleuchtung das dunkle Winterlicht erhellt (vgl. ebd., S. 104).

Abschließend läßt sich festhalten, daß, obwohl es im Rahmen dieser Hausarbeit nicht möglich ist, eine vollständige Filmanalyse des ‚Clubs der toten Dichter’ durchzuführen, die Analyse filmischer Subtexte als medienpädagogische Filmbetrachtung (sozusagen an der Oberfläche einer Filmanalyse) durchaus eine - auch für den Schulunterricht - geeignete Methode liefert, das Verständnis für den Film und die formale Komposition seiner einzelnen Elemente (wie bspw. der Subtexte) zu vertiefen. Sowohl im Schulunterricht wie auch im Rahmen dieser Hausarbeit ist jedoch eine gezielte Auswahl und exemplarische Behandlung einzelner Subtexte sowie Schlüsselszenen unvermeidbar.

 

Der Film in der pädagogischen Fachliteratur (2.3)

Da ein detaillierter Einbezug sämtlicher Sekundärliteratur zum Film ‚Der Club der toten Dichter’ den Rahmen dieser Hausarbeit sprengen würde, soll in diesem Abschnitt ein kurzer, systematischer Überblick über die pädagogische Fachliteratur zum Film gegeben werden: Neben den bereits im vorhergehenden Abschnitt vorgestellten Büchern zum Film (vgl. Kleinbaum 1989, 1991) sind eine Reihe von Aufsätzen in pädagogischen Fachzeitschriften sowie Fachzeitschriften anderer Disziplinen erschienen. Zu unterscheiden sind dabei Artikel, deren Intention zunächst auf der Zusammenfassung und Vorstellung der Inhalte des Films basiert (bspw. Thal 1990) und Artikeln, die exemplarisch einen oder mehrere inhaltliche Bereiche einer tiefergehenden Analyse unterziehen (bspw. Heilker 1991). Nach umfangreicher Literaturrecherche konnten 5 deutschsprachige, 4 englischsprachige Artikel oder Aufsätze sowie zwei englischsprachige Abhandlungen im Internet gefunden werden. Die genauen Quellenangaben sind im Literaturverzeichnis unter Punkt 6 aufgeführt.

Formale Aspekte des Films werden nur in der medienpädagogischen Filmbetrachtung von Schreckenberg (1997) berücksichtigt (vgl. 2.2). Die Filmbetrachtung von Thal (1990) liefert einen inhaltlichen Überblick und vergleicht den Film mit anderen Filmen zum Thema ‚Schule’. Auch Koch (1990) beginnt mit einem Vergleich bezüglich anderer ‚Schulfilme‘, schließt daran jedoch eine pädagogische Interpretation einiger inhaltlicher Grundthemen des Films an, wie beispielsweise die pädagogische Bewertung der Unterrichtsmethoden Keatings, die auch ein Thema dieser Hausarbeit bilden (vgl. 3.3).

Heilman (1991) arbeitet in seinem Aufsatz besonders die Lehrerpersönlichkeit Keatings heraus und setzt diese ‚Keatings‘ als spezielle Lehrertypen von anderen Lehrertypen ab. Die Filmbetrachtung von Glatthorn (1990) liefert eine Zusammenfassung inhaltlicher Aspekte und Grundthemen, bleibt jedoch bei der pädagogischen Interpretation an der Oberfläche, ohne einzelne thematische Aspekte zu vertiefen. Nimmt man an dieser Stelle den vertiefenden Artikel von Heilker (1991) hinzu, zeigen diese drei Aufsätze (Glatthorn 1990, Heilker 1991 und Heilman 1991), daß bei der Auseinandersetzung mit dem Film im anglo-amerikanischen Sprachraum besonders ein Thema im Zentrum des Interesses steht: die Frage nach dem ‚guten Lehrer‘, bzw. durch welche Qualifikationen Lehrer Verhaltens- und Einstellungsänderungen bei ihren Schülern bewirken können. Heilker (1991) kritisiert in diesem Zusammenhang besonders die Wirkung extremer Dichotomien (wie bspw. zwischen Realismus und Romantik) in den Einstellungen der Lehrer (vgl. 3.4).

An dieser Stelle soll auf einen weiteren englischsprachigen Internet-Artikel hingewiesen werden, der, wenn auch von einer Schülerin verfaßt, interessante Anhaltspunkte zur Interpretation des Films liefern kann (vgl. Baker, o. J.). Ein Auszug aus dieser provokativen Interpretation („Why do I dislike this movie?“) soll in Abschnitt 4.4.5 in die Unterrichtseinheit zum Film einfließen.

Die letzten drei Artikel bilden systematisch gesehen eine neue Gruppe, da sie unter anderem auf den Einsatz des Films im Unterricht eingehen: Fried (1992) gibt diesbezüglich nur einige Hinweise zum Einsatz des Films im Unterricht. Serey (1992) setzt sich eingehender mit Einsatzmöglichkeiten des Films im Unterricht auseinander, jedoch unter dem Aspekte der ‚management education’. Abschließend ist noch ein Materialbrief mit Bausteinen für den Religionsunterricht zu nennen (vgl. Bosold 1991), der eine komplette Unterrichtseinheit zum Film ‚Der Club der toten Dichter’ für die Klassen 9 und 10 vorstellt. Inhaltliche Schwerpunkte wurden bei dieser Unterrichtseinheit nach den Richtlinien des Faches Religion ausgewählt. Dennoch kann diese Unterrichtseinheit Anregungen für den Einsatz des Films in anderen Fächern bieten.

Abschließend läßt sich herausstellen: Sekundärliteratur zum Film ‚Der Club der toten Dichter’ existiert zwar, setzt sich aber inhaltlich entweder mit der pädagogischen Diskussion einiger thematischer Aspekte oder dem Einsatz des Films im Unterricht auseinander. Koppelungen  beider Perspektiven sind nur in Ansätzen (vgl. Fried 1992) oder gar nicht vorhanden, ganz abgesehen von einem Zuschnitt auf das Unterrichtsfach Pädagogik in der gymnasialen Oberstufe. Der Versuch einer Kopplung von pädagogischer Interpretation der Filminhalte und dem Aufzeigen von Einsatzmöglichkeiten des Films im Pädagogikunterricht wurde daher zum Ziel dieser Hausarbeit gewählt.




 

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